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Wann liegt eine Kindeswohlgefährdung vor?

Nach § 1666 BGB kann das Familiengericht eingreifen, um eine Gefahr vom Kind abzuwenden, wenn dessen Wohl gefährdet ist und die Eltern nicht dazu gewillt oder in der Lage sind dies selbst zu tun.
Der § 1666 BGB ist also als eine Art Ausprägung der staatlichen Wächterfunktion (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG) zu verstehen. Er regelt, wann der Staat zur Wahrung des Kindeswohls einschreiten darf und damit in das Recht der elterlichen Sorge eingreifen darf. Doch wann liegt eine solche Kindeswohlgefährdung überhaupt vor?

Dazu ist zuerst zu klären was das Kindeswohl an sich ist. Der Begriff Kindeswohl als solcher ist bereits schwer zu fassen. Der Gesetzgeber nennt als Anhaltspunkte das körperliche, geistige und das seelische Wohl des Kindes. Für das Kindeswohl ist als entscheidendes Kriterium zudem die Erziehung anzusehen. Durch sie wird das Kind in seiner Persönlichkeitsentwicklung geformt und lernt, wie man sich in der Gesellschaft richtig zu verhalten hat. Es geht also um einen umfassenden Schutz des sich in der Entwicklung befindlichen Kindes.

Wann ist das Kindeswohl nun tatsächlich gefährdet bzw. wann kann das Familiengericht Maßnahmen nach § 1666 BGB treffen, die zur Abwendung einer Gefahr für das Kindeswohl notwendig erscheinen?. Eine Kindeswohlgefährdung liegt vor, wenn eine gegenwärtige oder zumindest unmittelbar bevorstehende Gefahr für die Kindesentwicklung abzusehen ist, die bei ihrer Fortdauer eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt. Diese Definition ist als Grundregel abstrakt gehalten wodurch sich Fallgruppen gebildet haben, die als eine Art Orientierungshilfe dienen sollen um anhand von Beispielen die Kindeswohlgefährdung zu konkretisieren.

Die erste Ursache für eine Kindeswohlgefährdung kann bei Körper- bzw. Gesundheitsverletzungen gesehen werden. Das Kindeswohl ist also als gefährdet anzusehen, wenn Straftaten an einem Kind begangen werden. Zu nennen sind hier Tötungsversuche, erhebliche körperliche Misshandlungen, seelische Misshandlungen sowie massive körperliche Auseinandersetzungen zwischen den Eltern. Als nicht ausreichend für eine Gefährdung in dieser Fallgruppe sind lediglich vereinzelt gebliebene Misshandlungen des Kindes anzusehen, bei denen eine Gefahr der Wiederholung nicht besteht. Eine Kindeswohlgefährdung ist ebenso anzunehmen bei sexuellem Missbrauch wobei der Verdacht alleine im Einzelfall schon genügen kann, wenn konkrete Anhaltspunkte den Verdacht begründen.

Eine zweite Gruppe für Ursachen einer Kindeswohlgefährdung stellt die Gruppe der ärztlichen Behandlung dar. Eine Gefährdung liegt danach unter anderem vor, wenn die Eltern eine für das Kind erforderliche Operation verweigern. Auch das Rauchen der Eltern kann eine Gefährdung darstellen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass dies nur in bestimmten Fällen als eine Gefährdung zu werten ist, in denen das Kind bspw. an Asthma erkrankt ist.

Eine dritte Gruppe stellen Erziehungsfehler dar. Als Beispiele für diese Gruppe wird häufig die strikte Verweigerung des Umgangs mit dem anderen Elternteil angesehen oder mehrfach vorkommende unkontrollierte Wutausbrüche sowie eine überfürsorgliche Erziehung des Kindes.
Aber nicht nur Fehler in der Erziehung durch die Eltern können als Ursache für eine Kindeswohlgefährdung angesehen werden, sondern auch Erziehungsdefizite der Eltern selbst. So kann eine Gefährdung des Kindeswohls bei psychischer oder schwerer körperlicher Erkrankung vorliegen. Als Gefährdung wird ebenfalls betrachtet, wenn bei den Eltern eine Unfähigkeit herrscht, auf die Bedürfnisse der Kinder einzugehen oder wenn bei den Eltern eine Alkohol- oder Drogenabhängigkeit vorliegt.
Nicht ausreichend für ein Eingreifen des Familiengerichts ist dagegen alleine die Zerstrittenheit der Eltern untereinander. Ein Eingreifen kann aber dann erforderlich sein, wenn aus dieser Zerstrittenheit der Eltern eine Unfähigkeit bei diesen entsteht, sich über Belange des Kindes zu einigen.

Des Weiteren wird eine weitere Gruppe bei Fehlern der Eltern in Bezug auf die schulische Laufbahn oder Ausbildung angenommen. Eine Gefährdung ist als gegeben anzusehen bei Weigerung der leistungsfähigen Eltern, die Finanzierung der Ausbildung für das Kind zu übernehmen oder das schulpflichtige Kind nicht für die Schule anzumelden. Eine Gefährdung kann hier auch dann angenommen werden, wenn die Eltern ihr Kind von der Schule abmelden, ohne auf dessen Willen einzugehen oder wenn sie entgegen dem Willen des Kindes dieses in einem Internat anmelden.

Eine letzte Gruppe der Ursachen für eine Kindeswohlgefährdung ist bei Vernachlässigung des Kindes durch die Eltern zu sehen. Dazu muss auf Seiten der Eltern ein grob pflichtwidriges passives Verhalten bei der Versorgung, der Betreuung oder der Beaufsichtigung des Kindes vorliegen dessen Auswirkungen derart gravierend sind, dass eine weitgehende Verwahrlosung des Kindes droht. Beispiele für eine Kindeswohlgefährdung durch Vernachlässigung sind die mangelnde Ernährung des Kindes und eklatante Hygienemängel des Kindes.

Für alle Eingriffe in das elterliche Sorgerecht ist zudem das Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Die Maßnahme muss also geeignet sein die Gefahr für das Kind abzuwehren sowie dazu erforderlich und geboten sein. Insbesondere sollte der Staat versuchen durch Unterstützung und helfende Maßnahmen oder durch Wiederherstellung des verantwortungsgerechten Verhaltens der Eltern sein eigentliches Ziel zu erreichen. Besonderen Ausdruck findet der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vor allem in § 1666a Abs. 1 Satz 1 BGB. In diesem heißt es, dass Maßnahmen mit denen eine Trennung des Kindes von den Eltern einhergeht, nur zulässig sind, wenn die Gefahr für das Kind nicht anders z.B. durch öffentliche Hilfen, beseitigt werden kann.

Falls Sie mehr zu diesem Thema wissen möchten, rufen Sie uns an (089/2366330) oder nehmen Sie Kontakt zu uns auf.

Unsere Kanzlei für Familienrecht liegt in München und ist über den Sendlinger Tor Platz sehr gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Gerne unterstützen wir Sie bei Trennung und Scheidung. Sie werden von erfahrenen Rechtsanwälten und Fachanwälten für Familienrecht beraten.




Eingestellt am 29.09.2014
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