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Die Volljährigenadoption – wann ist diese sinnvoll und welche (erb)rechtlichen Folgen resultieren daraus?

Bei dem Begriff der Adoption wird in der Regel an die Adoption Minderjähriger gedacht. Doch es ist gem. §§ 1767 ff. BGB grundsätzlich auch möglich, eine erwachsene - also volljährige - Person zu adoptieren.

Meist wird auf Grund einer über einen langen Zeitraum gewachsenen und engen Beziehung zwischen den potenziellen Adoptiveltern und dem Volljährigen eine Volljährigenadoption erwogen. Aber auch steuerrechtliche Vorteile können eine Rolle spielen.

Welche Voraussetzungen sind für eine Volljährigenadoption zu erfüllen und wie läuft diese ab?

Da der entsprechende Adoptionsantrag des Annehmenden (des Adoptierenden) und des Anzunehmenden (der Person, die adoptiert wird / werden soll) in notariell beurkundeter Form beim zuständigen Familiengericht eingereicht werden muss, ist der erste Schritt hin zu einer Volljährigenadoption der Gang zum Notar.

Das Gericht prüft sodann, ob die Volljährigenadoption gem. § 1767 I BGB sittlich gerechtfertigt ist. Dies ist der Fall, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis besteht. Ist ein solches Verhältnis nicht zu bejahen, prüft das Gericht, ob es zu erwarten ist, dass ein solches entsteht.

Das Oberlandesgericht München hat für die Voraussetzung des Bestehens eines Eltern-Kind-Verhältnisses in dem Endbeschluss vom 25.09.2019 folgende Kriterien festgelegt:

1. Für das Bestehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses kommt es entscheidend auf die Herstellung eines sozialen Familienbandes an. Jenes muss von einer auf Dauer angelegten Bereitschaft zu gegenseitigem Beistand in der Form geprägt sein, wie es im Verhältnis von leiblichen Eltern zu ihren Kindern und umgekehrt zu erwarten ist.

2. Die Beteiligten müssen nicht zusammenwohnen, jedoch sollte eine „Begegnungs- und Beistandsgemeinschaft“ gelebt werden können. Eine räumliche Nähe ist hierbei von Vorteil.

3. Sind neben dem familienbezogenen Motiv noch weitere Zwecke für die Volljährigenadoption zu erkennen (bspw. steuerrechtliche Vorteile), stehen diese jener nicht im Wege, solange das familienbezogene Motiv ausschlaggebend ist und die anderen überwiegt.

4. Eine Volljährigenadoption darf nicht ausgesprochen werden, wenn die Interessen der Kinder des Annehmenden oder des Anzunehmenden dieser entgegenstehen. Um ein eventuelles Übergehen der Interessen der Kinder zu vermeiden, sind die materiellen und immateriellen Interessen der Kinder mit der Bedeutung der Adoption für die unmittelbar Beteiligten (Annehmender und Anzunehmender) abzuwägen.

5. Zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden muss ein erheblicher, der natürlichen Generationenfolge entsprechender Altersabstand bestehen, der im Verhältnis Eltern-Kind üblich ist.

Zur Orientierung: Das OLG München hat einen Altersabstand von 44 Jahren als heutzutage nicht ungewöhnlich betitelt.

Ob die soeben aufgezählten Voraussetzungen vorliegen, wird im Rahmen einer Anhörung vor dem zuständigen Familiengericht geprüft. Im Falle des Punkt 4. werden auch die Kinder gehört.

Welche Arten der Volljährigenadoption gibt es?

Bei der Volljährigenadoption ist zwischen zwei Arten zu unterscheiden.

1. Die schwache Volljährigenadoption

Die schwache Volljährigenadoption hat zur Folge, dass der Volljährige zum Kind des Anzunehmenden wird. Die schwache Adoption hat jedoch keinerlei Auswirkungen auf weitere Verwandte. Alle bisherigen Verwandtschaftsverhältnisse des Volljährigen bleiben bestehen. Es tritt ausschließlich das Verhältnis zu dem Anzunehmenden hinzu. Folglich ist es möglich, dass der Volljährige nach der schwachen Adoption bis zu vier Elternteile besitzt.

Die schwache Volljährigenadoption ist demnach auch gänzlich von der Minderjährigenadoption zu unterscheiden.

2. Die starke Volljährigenadoption

Auf Antrag des Annehmenden und des Anzunehmenden kann das Familiengericht gem. § 1772 BGB bestimmen, dass sich die Wirkungen der Adoption nach jenen der Minderjährigenadoption richten (starke Volljährigenadoption). Dies bedeutet, dass gegenüber den leiblichen Eltern das Verwandtschaftsverhältnis sowie alle erbrechtlichen Ansprüche und Unterhaltsverpflichtungen gegenüber den leiblichen Eltern erlöschen.

Zusätzlich zu den grundlegenden Voraussetzungen muss speziell bei der starken Volljährigenadoption eine der gem. § 1772 I BGB genannten zusätzlichen Gegebenheiten vorliegen, z.B. dass der Annehmende das Kind seines Ehegatten annimmt, oder der Anzunehmende bereits als Minderjähriger in die Famlie des Annehmenden aufgenommen worden ist.

Für den Ablauf der Anhörung ist hierbei zu beachten, dass bei einer starken Volljährigenadoption auch die Eltern des Anzunehmenden angehört werden. Stehen deren Interessen der Adoption entgegen (meist unterhaltsrechtlich oder erbrechtlich), kann die Adoption nicht ausgesprochen werden.

Welche Rechtsfolgen sind mit einer Volljährigenadoption verknüpft?

Zunächst muss bei der Volljährigenadoption der Anzunehmende den Namen seiner Adoptiveltern annehmen. Ein Weiterführen des Geburtsnamens ist gem. § 1767 II in Verbindung mit § 1757 BGB nicht möglich.

Die mit der Volljährigenadoption verbundenen steuerrechtlichen Vorteile sind beachtlich. Insbesondere bezüglich der Erbschafts- und Schenkungssteuer erhöhen sich die Freibeträge gem. § 16 ErbStG – von 20.000,00 € bei Nichtverwandten auf 400.000,00 € im Verhältnis Eltern zu Kind. Im Hinblick auf die Schenkungssteuer kann der Betrag von 400.000,00 € gem. § 16 II ErbStG alle zehn Jahre abgabenfrei übertragen werden.

Eine Ausnutzung von Steuervorteilen darf ein Motiv bei der Volljährigenadoption sein. Wie eingangs erwähnt, ist jedoch entscheidend, dass das familienbezogene Motiv ausschlaggebend ist.

Beispiel:

S hat einen Onkel U, der kinderlos ist. U möchte seinem Neffen S einen erheblichen Geldbetrag in Höhe von 400.000,00 € schenken. Grundsätzlich könnte U nun alle zehn Jahre 20.000,00 € steuerfrei an S verschenken. Alternativ könnte er einmal 20.000,00 € abgabenfrei und 380.000,00 € schenkungssteuerpflichtig übertragen. Auf die verbleibenden 380.000,00 € würden 25 % und somit 95.000,00 € Schenkungssteuer anfallen.

Würden die Voraussetzungen für eine Volljährigenadoption vorliegen und wäre diese bei Gericht ausgesprochen worden, könnte U völlig abgabenfrei 400.000,00 € an S verschenken.

Vorsicht:

Für den Anzunehmenden ist zu beachten, dass er bei einem Bruttoeinkommen über 100.000,00 € jährlich im Falle einer Pflegebedürftigkeit gegebenenfalls unterhaltspflichtig auch gegenüber den Adoptiveltern werden kann.

Gerne beraten oder vertreten wir Sie zu diesem erbrechtlichen Thema. Rufen Sie uns hierzu bitte an (Tel 089/23 66 33 0) oder nehmen Sie Kontakt zu uns auf.

Unsere Kanzlei für Familienrecht, Erbrecht und Mediation liegt in München und ist über den Sendlinger Tor Platz sehr gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Gerne unterstützen wir Sie bei erbrechtlichen Fragestellungen. Sie werden von einer erfahrenen Fachanwältin für Erbrecht beraten.


Dr. Birgit Hartman-Hilter
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht
Fachanwältin für Erbrecht







Eingestellt am 18.06.2021
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