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Errichtung eines digitalen eigenhändigen Testaments mittels Touch- oder Smartpen

Schriftlich erklärte Willenserklärungen werden in Zeiten der zunehmenden Digitalisierung immer häufiger anstatt klassisch mittels Stift und Papier unter Zuhilfenahme von technischen Hilfsmitteln abgegeben.

Das Erbrecht geht allerdings prinzipiell von einer zwingend eigenhändig geschriebenen und unterzeichneten Erklärung für die wirksame Errichtung eines privaten Testaments im Sinne der §§ 2231 Nr.2, 2247 Abs. 1 BGB aus.

In der heutigen Zeit verliert die klassische handschriftlich geschriebene Erklärung zunehmend an Bedeutung. Manuell per Hand verfasste Texte, werden immer seltener. Viel mehr wird auf digitale Textanfertigungen zurückgegriffen.

So können bei der Verwendung eines Tablets oder Smartphones handschriftliche Notizen mittels Eingabestifte (Stylus/Touchpen) verfasst werden. Der angefertigte Text (in handschriftlicher Form) kann in digitaler Form auf dem Endgerät abgespeichert werden.

Es haben sich aber auch Kombinationsmöglichkeiten aus „analogen“ und „digitalen“ Textanfertigungen entwickelt. Es gibt mittlerweile auch sogenannte Smartpens oder Digitalstifte, die auf „normalen“ Papier genutzt werden und hierbei mittels einer Infrarotkamera den Schreibvorgang erfassen und speichern und diesen anschließend auf einem Gerät in digitaler Form wiedergeben.

Ob jedoch auch in einer digitalen Form mittels Smart- oder Touchpen wirksam ein eigenhändiges Testament im Sinne der §§ 2231 Nr.2, 2247 Abs. 1 BGB errichtet werden kann, soll im Folgenden erörtert werden.

1. Voraussetzungen der eigenhändigen Errichtung im Sinnes der §§ 2231 Nr.2, 2247 Abs. 1 BGB

Eine eigenhändige Errichtung im Sinne der §§ 2231 Nr. 2, 2247 Abs. 1 BGB meint dabei, dass die rechtlich relevanten Bestandteile des Testaments unmittelbar von der Hand des Erblassers in dessen individueller Handschrift geformt werden.

Diese eigenhändig geschriebene Errichtung soll vor allem der Fälschungssicherheit dienen, da durch die Zuordnung der Handschrift des Erblassers diese einer konkreten Person zugewiesen werden kann. Zudem soll die geforderte Eigenhändigkeit den Erblasser vor übereilten Verfügungen schützen.

Ein maschinenangefertigtes Testament ist dagegen als Verstoß gegen die eigenhändige Errichtung im Sinne des §§ 2231 Nr.2, 2247 Abs. 1 BGB zu werten und somit unheilbar nach § 125 Satz 1 BGB formnichtig. Die Identifikation des Erblassers als Urheber des Testaments ist nicht anhand seiner individuellen Merkmale seiner Handschrift möglich, wenn das Testament nur maschinell vorliegt.

2. Errichtung mittels Touchpen/Stylus

Bei der Verwendung eines Touchpens ist zunächst die Frage zu klären, ob eine Errichtung des Testaments mit diesem eine Errichtung im Sinne der erbrechtlichen Vorschriften darstellt.

In der Literatur wird davon ausgegangen, dass eine eigenhändige Anfertigung eines Testaments mittels Touchpen auf einem Touchscreen nicht möglich sei. Bei einer Anfertigung mittels dieses Hilfsmittels und dem anschließenden Ausdruck des Textes sei eine erhöhte Manipulationsgefahr anzunehmen, da die höchstpersönliche Absetzung der Schriftzeichen durch den Erblasser selbst nicht sichergestellt werden könne. Es bestehe jederzeit die Möglichkeit, die handschriftlich verfassten Schriftzüge nachzubearbeiten.

Nach dieser Ansicht lassen die durch den Touchpen abgegebenen Erklärungen zwar den individuellen Schriftzug des Testators erkennen, es sei aber nicht von einer handschriftlichen Form auszugehen. Auch der anschließende Textausdruck stelle lediglich eine Kopie des angefertigten Textes und somit kein eigenhändiges Testament dar.
Diese in der Literatur überwiegend vorherrschende Ansicht kann jedoch angezweifelt werden. Insbesondere ist der Erblasser bei der Errichtung eines eigenhändigen Testaments nach § 2247 Abs. 1 BGB nicht auf die Verwendung eines speziellen Materials beschränkt. Notwendig sind lediglich die Lesbarkeit und die Dauerhaftigkeit des verwendeten Stoffes. Insoweit wurden bereits Testamentsanfertigungen auf Bierdeckeln oder ähnlichen Stoffen als wirksam betrachtet.

Die Formung der Schriftzeichen in handschriftlicher Form ist dabei maßgeblich. Durch die Nutzung eines Touchpens ist es möglich, eigene, individuell zuordnungsbare Handschriften digital zu erstellen und zu speichern. Sofern eine hinreichende Identifikation der Urheberschaft mittels graphologischen Gutachtens gewährleistet werden kann, kann also für die Errichtung mittels Touchpens nichts anderes gelten als für die Errichtung auf einem Bierdecken oder anderem. Die entsprechende Lesbarkeit und Dauerhaftigkeit wäre bei der digitalen Speicherung auf jeden Fall gegeben.

Weitere wesentliche Voraussetzung der eigenhändigen Errichtung ist die Unmittelbarkeit dieser. Dies bedeutet, dass die rechtliche relevanten Bestandteile des Testaments unmittelbar von der Hand des Erblassers in dessen individueller Handschrift geformt werden. Dies kann bei einem Touchpen ebenfalls angenommen werden.

Fraglich erscheint nur, ob die Errichtung auf einer unmittelbaren, allein auf dem Willen des Erblassers beruhenden Erklärung angenommen werden kann. Der Testator formt zwar mit dem Touchpen die Zeichen unmittelbar am Bildschirm des Gerätes, diese Eingaben werden jedoch erst durch eine dazwischen geschaltete Software in Daten umgewandelt.

Der dem Erfordernis der eigenhändigen Errichtung zugrundeliegende Zweck liegt darin, den wahren Willen des Erblassers im Sinne des Schutzes des Art. 14 Abs. 1 GG zu schützen. Dies soll durch die Möglichkeit der Echtheitsprüfung und dem Ausschließen der Fälschung durch einen Dritten gewährleistet werden. Es kommt somit auf die Fälschungssicherheit und Funktionsgeeignetheit der verwendeten Schreibsoftware an.

Es kann damit auch bei der Errichtung mittels Touchpen von einer eigenhändigen und unmittelbar auf dem Willen des Erblassers beruhenden Testamentserrichtung ausgegangen werden. Dies betrifft jedoch nur die digitale Aufzeichnung im Endgerät. Ein Ausdruck der Aufzeichnung stellt jedoch lediglich eine Kopie und damit keine unmittelbare handschriftliche Formung durch den Erblasser dar.
Ob die Errichtung eines Testaments auf einem digitalen Endgerät daher möglich ist, ist bisher nicht eindeutig geklärt. Es wäre daher eine gesetzgeberische Anpassung der gesetzlichen Rechtslage notwendig, um ein rechtsicheres Testieren in digitaler Form zu ermöglichen.

3. Errichtung mittels Smartpen

Zur Frage, ob eine Errichtung mittels Smartpens möglich ist, ist bisher in der wissenschaftlichen Literatur noch nicht Stellung bezogen worden.
Die Verwendung eines Touchpens und andererseits eines Smartpens unterscheidet sich aufgrund ihrer technisch unterschiedlichen Voraussetzungen jedoch deutlich. Das Schreiben mit einem Smartpen entspricht im Prinzip der handschriftlichen Anfertigung eines Textes mittels eines normalen Kugelschreibers. In Folge dessen stellt das mit einem Smartpen beschriebene Papier unproblematisch ein eigenhändig verfasstes Testament im Sinne des § 2247 Abs. 1 BGB dar.

Im Unterschied zum Touchpen errichtet der Schreibende bei Nutzung eines Smartpens eben gerade primär keine digitale Datei. Er verfasst vielmehr eine zunächst analog vorhandene Texturkunde, während die elektronische Version nur nebenbei entsteht. Die Datei als Textdokument kann daher lediglich als Vervielfältigung des Originaldokuments angesehen werden.

Dem elektronischen Dokument ist daher nur die Funktion einer Fotokopie gleichzustellen. Dieser kann keine Testamentsqualität zukommen.

Dieser Kopie könnte jedoch im Rahmen eines Gerichtsverfahrens Indizwirkung zum Beweis der Existenz des Originals zukommen und somit den Nachweis des Erbrechts durch den jeweilig Bedachten deutlich erleichtern.

Falls Sie mehr zu diesem erbrechtlichen Thema wissen möchten, rufen Sie uns bitte an (Telefonnummer 089/ 23 66 33 0) oder nehmen Sie Kontakt zu uns auf. Unsere Kanzlei für Familienrecht, Erbrecht und Mediation liegt in München und ist über den Sendlinger Tor Platz sehr gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Sie werden von einer erfahrenen Fachanwältin für Erbrecht beraten.




Eingestellt am 19.01.2018
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