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Die Beteiligung der Großeltern in Kindschaftsverfahren
Im Einzelnen:
I. Umgangsrecht
Nach § 1685 Abs. 1 BGB steht Großeltern ein Recht auf Umgang mit dem Enkelkind zu, wenn dies dem Wohl des Kindes entspricht. Anders als in § 1684 BGB wird also nicht dem Kind ein Umgangsrecht mit den Großeltern zugestanden, sondern den Großeltern ein Recht auf Umgang mit dem Enkelkind.
Aber auch in diesem Fall erscheint es wichtig, dass das Kind im Verfahren zumindest angehört wird, um auch den subjektiven Willen und das Kindeswohl beachten zu können.
In der Praxis spielen Streitigkeiten wegen eines möglichen Umgangsrechts von Großeltern mit ihren Enkelkindern eine große Rolle. Dabei hat das Gericht in diesen Streitfällen insbesondere zu prüfen, ob der Umgang des Kindes mit den Großeltern dem Kindeswohl dient.
Zwischen dem Enkelkind und den Großeltern muss daher eine besonders gewachsene Beziehung bestehen. Den Umgang alleine auf eine verwandtschaftliche Beziehung zwischen den Großeltern und dem Enkelkind zu stützen reicht nicht aus.
Probleme bzgl. des Umgangsrechts können sich bei Meinungsverschiedenheiten der Eltern und Großeltern über die Erziehung des Kindes ergeben. Generationenbedingt treten hier aufgrund unterschiedlicher Ansichten Streitigkeiten über die konkrete Erziehung des Kindes zwischen den Eltern und den Großeltern auf. In diesem Fall kann sich ein Umgangsrecht der Großeltern mit dem Enkelkind trotz der Streitigkeit nur ergeben, wenn zwischen diesen und dem Kind bereits eine starke Bindung besteht.
Im Rahmen einer Interessenabwägung zwischen den Eltern und den Großeltern kann jedoch nicht die Streitigkeit zwischen diesen als entscheidend angesehen werden, sondern ist das Kindeswohl in den Mittelpunkt der Abwägung zu stellen.
Maßgeblich, ob den Großeltern trotz der Streitigkeit ein Umgangsrecht mit dem Enkelkind zusteht, ist damit, dass die Eltern, die das Umgangsrecht der Großeltern verhindern wollen, substantiiert die Gründe für das Zerwürfnis mit diesen vortragen. Hieraus muss sich konkret ergeben, dass ein weiterer Umgang mit den Großeltern nicht im Interesse des Kindes steht. Das Gericht muss ein solcher konkreter Sachverhalt vorliegen, da es aufgrund diesem eine Basis braucht, um eine Entscheidung treffen zu können. Von Seiten der Großeltern muss dagegen konkret dargelegt werden, warum genau die Aufrechterhaltung des Umgangs mit dem Enkelkind unerlässlich für das Wohl des Kindes ist. Für die Entscheidung maßgeblich ist damit nicht der Wunsch oder Wille der Eltern, sondern das Wohl und der Wille des Kindes.
Besteht zwischen Großeltern und dem Kind bereits eine Beziehung so ist es für das Gericht einfacher zu beurteilen, ob die Aufrechterhaltung des Umgangs dem Wohle des Kindes dient. Aber auch wenn die Großeltern noch keine Beziehung zu ihrem Enkelkind aufbauen konnten, muss ihnen dies nach der Rechtsprechung eingeräumt werden. Unzulässig ist es dabei, alleine aufgrund der Verwandtschaft die Vermutung aufzustellen, dass der Umgang der Großeltern notwendig sei. In der Regel ist jedoch davon auszugehen, dass mehrere Bindungen, die dem Kind ein natürliches Interesse entgegenbringen, dem Kindeswohl entsprechen. Letztlich soll damit ein Aufbau einer Beziehung zwischen Großeltern und Enkelkind gestattet werden.
Im Ergebnis ist vom Gericht jedoch eine Entscheidung im Einzelfall zu treffen, bei dem vor allem das Wohl und Interesse des Kindes zu berücksichtigen ist. Die konkrete Dauer des Umgangs der Großeltern bestimmt sich dabei ebenfalls nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Alter des Kindes, der örtlichen Nähe und inwieweit das Kind eigene Interessen hat, wie bspw. Sport oder Musik und wie sich daher der Alltagsablauf des Kindes darstellt.
Insgesamt sollte ein Umgangsrecht nicht um jeden Preis erzwungen werden. Lehnt das Kind den Umgang mit den Großeltern ab, so ist entscheidend aus welchen Gründen das Kind dies tut. Insbesondere eine Manipulation des Willens des Kindes durch die Eltern ist diesbezüglich im Einzelfall schwer nachweisbar. Eine Durchsetzung des Umgangsrechts um jeden Preis sollte von den Großeltern aber überdacht werden, da dies ein erhebliches Konfliktpotenzial in sich birgt.
II. Unterbringung der Kinder in einer Pflegefamilie
Konflikte können aber nicht nur zwischen den Großeltern und den Eltern auftreten, sondern auch, wenn bspw. eine Unterbringung des Kindes gem. § 1666 BGB in Betracht kommt und der Staat Maßnahmen zur Abwendung einer Gefahr für das Kindeswohl trifft.
Das BVerfG hat mit Entscheidung vom 24.06.2014 festgestellt, dass den Großeltern grundsätzlich ein Vorrang in der Vormundschaft des Kindes zusteht. Voraussetzung für einen solchen Vorrang ist jedoch, dass zwischen dem Kind und den Großeltern schon eine enge Beziehung besteht. „Soweit tatsächlich eine enge familiäre Bindung besteht, haben die Großeltern ein Recht darauf, bei der Auswahl eines Vormunds für ihr Enkelkind in Betracht gezogen zu werden. Ihnen kommt der Vorrang gegenüber nicht verwandten Personen zu, sofern nicht im Einzelfall konkrete Erkenntnisse darüber bestehen, dass dem Wohl des Kindes anderweitig besser gedient ist.
III. Pflegschaft /Ergänzungspflegschaft/ Vormundschaft
Die Vormundschaft bzw. die Ergänzungspflegschaft, soweit ein Aufenthaltsbestimmungsrecht von der Ergänzungspflegschaft umfasst ist, ermöglicht es den Verwandten, das Kind zu sich zu nehmen und in eigener Verantwortung zu betreuen und zu erziehen.
Nach § 1697 BGB kann das Familiengericht aufgrund einer von ihm veranlassten Maßnahme eine Vormundschaft/Pflegschaft anordnen und den Vormund und Pfleger auswählen. Diese Auswahl steht jedoch unter dem Vorbehalt des Kindeswohls gem. § 1697a BGB sowie berechtigter Interessen der Beteiligten. Stehen folglich bei der Auswahl mehrere geeignete Personen zur Verfügung, so sind vor allem die persönlichen Bindungen und die Verwandtschaft zu berücksichtigen (§ 1779 BGB).
Werden diese Grundsätze vom Familiengericht nicht berücksichtigt, verkennt es die Bedeutung der Tragweite der persönlichen Beziehung von Großeltern und Enkelkindern. Der Schutz der Familie und damit auch Art. 2 Abs. 1 GG ist hierbei zu berücksichtigen.
IV. Verfahrensrecht
Eine wichtige Funktion kommt den Großeltern auch in Kindeswohlgefährdungsfällen gem. § 1666 BGB zu. Dabei sind sie zwar nicht als Beteiligte gem. § 7 Abs. 2 FamFG anzusehen und folglich nicht zwingend bei derartigen Verfahren vom Gericht hinzuzuziehen. Hieran ist jedoch zu kritisieren, dass dies in vielen Fällen nicht dem Kindeswohl entspricht. Dem Kindeswohl sollte es entsprechen, dass statt Dritten, Familienmitglieder bei Entscheidungen über das Kindeswohl zur Hilfe gezogen werden. Nach § 161 FamFG können danach auch Großeltern als Beteiligte herangezogen werden, wenn eine enge Bindung zwischen diesen und dem Kind besteht.
Gem. § 1779 Abs. 2 BGB können Großeltern beim Gericht die Übertragung der Vormundschaft für ein Enkelkind beantragen, da den Verwandten wie oben bereits ausgeführt ein Vorrang zukommt.
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass Großeltern durch das FamFG durchaus Rechte als Verfahrensbeteiligte eingeräumt werden, jedoch Großeltern in derartigen Verfahren genau überlegen und darlegen müssen, warum ihre Verfahrensbeteiligung dringend im Interesse des Enkelkinds geboten ist.
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Eingestellt am 22.12.2016
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