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Wann wird der Versorgungsausgleich wegen grober Unbilligkeit ausgeschlossen?
Von diesem Halbteilungsgrundsatz kann jedoch nach § 27 VersAusglG abgewichen werden, soweit die rein schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs dem Gerechtigkeits- und Billigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widerspricht (grobe Unbilligkeit). Ob dies der Fall ist, kann nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls festgestellt werden. Hierzu gehört insbesondere, den vollständigen Versicherungsverlauf beider Beteiligter während der Ehezeit aufzuklären. Die Anforderungen für einen vollständigen oder teilweisen Wegfall des Versorgungsausgleichs sind deswegen so hoch, da durch den Versorgungsausgleich ein gerechter Ausgleich einer gemeinsam erbrachten Lebensleistung herbeigeführt werden soll.
Auf Grund der besonderen individuellen Fallbezogenheit des § 27 VersAusglG kann kein abschließender Katalog an Fallgruppen vorgestellt werden, bei denen sicher angenommen werden kann, dass grobe Unbilligkeit vorliegt. Gleichwohl haben sich jedoch in der Rechtsprechung trotz dessen einige Fallgruppen herauskristallisiert, bei welchen vermehrt grobe Unbilligkeit richterlich bestätigt wurde.
1. Ökonomische Gesamtbetrachtung
Wie bereits erwähnt, hat im Hinblick auf § 27 VersAusglG immer eine wertende Gesamtbetrachtung zu erfolgen. So sind wirtschaftliche, soziale und persönliche Verhältnisse zu begutachten. Im Zuge einer ökonomischen Gesamtbetrachtung kann grobe Unbilligkeit bejaht werden, wenn der Ausgleichsberechtigte - obgleich eines hohen Einkommens - keine Altersvorsorge betrieb und sein Vermögen auf Grund risikoreicher Anlagen verlor, gleichzeitig aber an der Altersvorsorge des anderen uneingeschränkt teilhaben möchte, obwohl dieser selbst von seiner Versorgung abhängig ist.
2. Persönliches Fehlverhalten
Auch ein persönliches eheliches Fehlverhalten im immateriellen Sinne kann zur Abweichung vom Halbteilungsgrundsatz führen. Beispiele hierfür sind: das Führen einer außerehelichen Beziehung vor der Trennung, soweit diese sich entscheidend auf das beiderseitige Verhältnis ausgewirkt hat; oder falls der Ausgleichsberechtigte eine Straftat gegen die ausgleichspflichtige Person beging beziehungsweise versucht hat und dies den Ausgleichspflichtigen derart belastet, dass das Festhalten am Halbteilungsgrundsatz unerträglich erscheint.
3. Unterhaltspflichtverletzung
Wird das Leistungsgewicht in der Ehe verletzt, so kann grobe Unbilligkeit vorliegen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Ausgleichsberechtigte über einen längeren Zeitraum seine Pflicht dem Familienunterhalt zuzuarbeiten auf grobe Weise verletzt. Dies ist nicht rein finanziell, sondern je nach Rollenverteilung in der Ehe zu bewerten (Bargeldunterhalt, Naturalunterhalt). Auch hier sind die Anforderungen jedoch hoch: Eine grobe Unbilligkeit ist nur anzunehmen, wenn der andere Ehegatte oder das Kind durch die Verweigerung der Unterhaltsleistung in beträchtliche ökonomische Schwierigkeiten geraten.
Ist eine Ehe kinderlos, reicht die Weigerung des einen Ehegatten keiner versicherungspflichtigen Beschäftigung nachzugehen nicht zum Bejahen von grober Unbilligkeit aus.
4. Ungleiche Einkommensverhältnisse
Verfügt der ausgleichsberechtigte Ehegatte beispielsweise durch Erbe über ein nicht auszugleichendes Vermögen, welches ihm eine sichere Altersversorgung beschert, und der verpflichtete Ehegatte ist auf seine Versorgungsanwartschaft angewiesen, so kann auch in diesem Fall grobe Unbilligkeit vorliegen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs auf Grund von grober Unbilligkeit an erhebliche Hürden gebunden ist. Die vorangegangene Auflistung kann infolge der äußerst individuellen Situationen nicht alle möglichen Fallgruppen grober Unbilligkeit darstellen. Liegt grobe Unbilligkeit vor und der Versorgungsausgleich wird ganz oder teilweise ausgesetzt, kann dies erhebliche finanzielle Vorteile mit sich bringen. Es ist daher empfehlenswert, sich diesbezüglich umfassend anwaltlich beraten zu lassen.
Rechtsanwältin
Eingestellt am 04.11.2021
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