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Auslegung unklarer Testamente
Soweit der Erblasser kein Testament hinterlässt, greift die im Bürgerlichen Gesetzbuch in § 1922 geregelte Erbfolge ein. Danach sind die Erben erster Ordnung die Abkömmlinge des Erblassers und die Erben zweiter Ordnung die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge. Die Erben der dritten Ordnung sind die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge usw.
Dabei regelt § 1930 die Rangfolge der Ordnungen dahingehend, dass ein Verwandter nicht zur Erbfolge berufen ist, solange ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist. Das Erbrecht des überlebenden Ehegatten ist in § 1931 ff BGB geregelt und der Höhe nach davon abhängig, ob der Ehegatte neben Verwandten der ersten, zweiten usw. Ordnung erbt.
Wer diese vom Gesetz vorgesehene Erbfolge nicht will – und dafür gibt es je nach den Lebensumständen viele gute Gründe – ist in seinem Entschluss, wem er was vererben will, völlig frei. Das gilt natürlich nicht, wenn er durch vorhergehende gemeinsame Testamente in seiner Entscheidungsfreiheit gebunden ist. Davon abgesehen kann er als Erben einsetzen, wen er will. Testamente werden aber oft so unklar und unverständlich formuliert, dass es hinterher erheblichen Streit über die Auslegung derartiger Testamente gibt. Insbesondere wird oft übersehen, dass es nicht ausreicht, nur über einzelne Gegenstände zu verfügen, auch wenn man der Meinung ist, damit alles geregelt zu haben. Ein einfaches Beispiel: Ein Erblasser hat ein Grundstück im Werte von 100.000,00 EUR und ein Bankguthaben in gleicher Höhe. Er ist Witwer und hinterlässt ein Testament, worin er seinem Sohn A das Grundstück und seinem Sohn B das Bankguthaben vermacht.
Wem gehört jetzt die Wohnungseinrichtung, das Auto des Erblassers und die 500,00 EUR, die er in der Tasche trug bei seinem Tod?
Wenn es bei der Auslegung eines Testamentes zum Streit kommt, muss das Nachlassgericht im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens entscheiden, was der wirkliche letzte Wille des Erblassers gewesen ist. Dabei wird immer wieder übersehen, dass die Einigung der Erben selbst für das Nachlassgericht nicht bindend ist. Darauf hat jetzt das OLG München in einem Beschluss vom 08.06.2010 noch einmal ausdrücklich hingewiesen. Zwar können sich die Erbprätendenten grundsätzlich mittels Auslegungsvertrag in der erbrechtlichen Auseinandersetzung einigen. Eine solche Einigung ist aber gegenüber dem Nachlassgericht nicht bindend, da die Erbprätendenten ja sonst frei wären, nicht den Willen des Erblassers zu respektieren, sondern ihre eigenen Interessen vergleichsweise geregelt haben wollen. Die Zuordnung der Erbquoten an die Miterben bzw. deren Erbenstellung stünde dann zur Disposition der Miterben.
Dennoch kann im Rahmen einer streitigen Erbauseinandersetzung bei unklaren Testamenten das Gestaltungsmittel des Auslegungsvertrages zur friedlichen Nachlassauseinandersetzung genutzt werden.
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Eingestellt am 11.05.2015
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