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Schenkung oder ehebedingte Zuwendung - Wann erhöht sich der Pflichtteil von „Enterbten“?

Sind die Abkömmlinge (Kinder, Enkelkinder), Eltern oder der Ehegatte durch Testament oder Erbvertrag von der Erbfolge ausgeschlossen („enterbt“), so können sie gem. § 2303 I, II BGB den Pflichtteil verlangen. Die Höhe des Pflichtteils ist als hälftiger Wert des gesetzlichen Erbteils bestimmt. Für die Berechnung des Pflichtteils ist demnach der Nachlasswert mit der Pflichtteilsquote (Hälfte der gesetzlichen Erbquote) zu multiplizieren.

Hinzukommend kann sich der Pflichtteil gem. § 2325 I BGB noch erhöhen, wenn der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht hat. Der Wert des verschenkten Gegenstands wird dem Nachlass fiktiv hinzugerechnet. Zu beachten ist jedoch, dass der Wert gem. § 2325 III BGB jährlich um 10 % abschmilzt und eine Ausschlussfrist von zehn Jahren seit der Schenkung bestimmt ist. Dies bedeutet: innerhalb des ersten Jahres vor Erbfall wird der volle Wert angesetzt, eine Schenkung zwei Jahre vor dem Erbfall mit 90 %, etc.

Was viele nicht wissen: Unter Ehegatten beginnt die Frist erst mit dem Tod des Erblassers.

Beispiel:

Im Jahr 1990 schenkt Erblasser E seiner Frau F als Dankeschön für ihre Treue ein Haus mit einem auf den heutigen Geldwert hochgerechneten Wert von 1.000.000,00 €. E und F haben keinen Ehevertrag abgeschlossen. Als E im Jahr 2021 vermögenslos verstirbt, fordert sein einziges Kind K von F einen Pflichtteil in Höhe von 250.000,00 €.

1. Sind Schenkungen und ehebedingte Zuwendungen gleich anzurechnen?

Hier ist zunächst zu differenzieren:

Eine Schenkung ist gem. § 516 BGB eine Zuwendung, durch die jemand das Vermögen eines anderen bereichert und sich beide Parteien diesbezüglich einig sind, dass dies unentgeltlich erfolgt. Eine Schenkung ist auf den Pflichtteil anzurechnen (s.o.).

Eine ehebedingte Zuwendung wird nach dem BGH „um der Ehe willen und als Beitrag zur Verwirklichung oder Ausgestaltung, Erhaltung oder Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft erbracht.“ Der Unterscheid zur Schenkung liegt in der dahinterstehenden Motivation. Ehebedingten Zuwendungen liegt die Vorstellung zugrunde, dass die eheliche Lebensgemeinschaft Bestand haben wird und der zuwendende Ehegatte daher auch selbst noch von der Zuwendung profitieren kann. Im Gegensatz hierzu sind Schenkungen unter fremden Dritten frei solcher Erwartungen. Somit werden zum Teil unterschiedliche familienrechtliche Rechtsfolgen an Schenkungen und ehebedingte Zuwendungen angeknüpft.

2. Erbrechtliche Folgen

Würden ehebedingte Zuwendungen prinzipiell als nicht ergänzungspflichtig gewertet, könnte der Erblasser seine Vermögensgegenstände zu Lebzeiten ehebedingt zuwenden und nicht verschenken und hierdurch die gesetzlichen Regelungen des Pflichtteils gem. §§ 2303 ff. BGB umgehen. Daher hat der BGH grundsätzlich betont, dass bezüglich des Pflichtteilsergänzungsanspruchs gem. § 2325 BGB ehebedingte Zuwendungen wie Schenkungen zu behandeln sind. Die Erhöhung des Pflichtteils ist an die objektive Unentgeltlichkeit der Zuwendung gekoppelt. Ist eine Gegenleistung erbracht worden, wird die Zuwendung demzufolge nicht in der Pflichtteilsergänzung berücksichtigt.

3. Wann liegt eine objektive Unentgeltlichkeit vor?

Nach dem BGH reicht beispielsweise die Geltendmachung der Haushaltsführung nicht aus, um für eine Zuwendung eine Gegenleistung zu bejahen. Die Zuwendung bleibt objektiv unentgeltlich und somit ergänzungspflichtig.

Die objektive Unentgeltlichkeit einer Zuwendung kann jedoch in Ausnahmefällen verneint werden. War die Zuwendung zum Beispiel unterhaltsrechtlich gem. §§ 1360, 1360a BGB geschuldet oder die angemessene Alterssicherung betreffend, so ist diese nicht Teil der Pflichtteilsergänzung. Weiter hat die Rechtsprechung die objektive Unentgeltlichkeit verneint, wenn der Ehegatte jahrelang kostenlos im „Geschäft“ mitgearbeitet hat. Eine Zuwendung hierfür ist als Entgelt für die langjährige Tätigkeit anzusehen und daher nicht ergänzungspflichtig.

Folglich sind Schenkungen und ehebedingte Zuwendungen primär immer ergänzungspflichtig und erhöhen damit den Pflichtteil. Ausnahmen, wie zum Beispiel die geschuldete Zuwendung zum Unterhalt, sind allerdings zu berücksichtigen. In dem oben dargestellten Beispielsfall hat F die Forderung des Kindes zu erfüllen.

Gerne beraten oder vertreten wir Sie zu diesem erbrechtlichen Thema. Rufen Sie uns hierzu bitte an (Tel 089/23 66 33 0) oder nehmen Sie Kontakt zu uns auf.

Unsere Kanzlei für Familienrecht, Erbrecht und Mediation liegt in München und ist über den Sendlinger Tor Platz sehr gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Gerne unterstützen wir Sie bei erbrechtlichen Fragestellungen. Sie werden von einer erfahrenen Fachanwältin für Erbrecht beraten.


Dr. Birgit Hartman-Hilter
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht
Fachanwältin für Erbrecht







Eingestellt am 09.04.2021
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